Sonntag, 11. Dezember 2016

Treffen sich viele junge Menschen und machen Musik


Und schon wieder beim NDR Elbphilharmonieorchester. Diesmal nach einem schönen Weihnachtsm-arktbummel in Lübeck in der MuK, leider nur in der sogenannten „Rotunde“, da das Haus saniert wird. Die Fläche ist ebenerdig und das Orchester sitzt auf Podesten. Der Raum überm und neben dem Orchester ist so groß, dass vieles vom Klang in den Raum verschwindet und nicht bei den Zuhörer_innen ankommt. Die Akustik hat aber nicht nur Nachteile.
Zuerst wurde die Leonoren-Ouvertüre Nr. 3 op. 72a von Beethoven gespielt. Krzysztof Urbański dirigierte. Ich muss gestehen, dass ich ein großer Fan bin, seit ich ihn zusammen mit eben diesem Orchester Schostakowitschs 10. Symphonie dirigieren sah. Die Akustik ist zwar nur mäßig, aber die leisen Stellen gewinnen dadurch auch an Intensität. Das Publikum ist unfassbar ruhig und verzichtet auf die vielen Huster, die an diesem Ort zum Glück auch sonst schlechter zu hören sind. Die Soloflöte, ein mir noch unbekannter sehr junger Mann, ist fantastisch und auch der Trompeter, der von der Empore herab seine Fanfaren spielt, kann sich hören lassen. Erfreulich ist, dass Urbański die Musik währenddessen zu genießen scheint, er dirigiert viel mit Blick hinauf auf die Musik über das Orchester.
Das zweite Stück ist Beethovens Klavierkonzert Nr. 3 c-Moll op. 37. Alice Sara Ott, die erst 28-jährige Pianistin, spielt mit einer erstaunlichen Fingerfertigkeit, frisch und spritzig. Der Flügel klingt allgemein etwas hart, aber das liegt nicht an ihr. Im ersten Satz hört sich das Zusammenspiel noch etwas holprig an. An einigen Stellen im ersten gemeinsamen Teil hängt das Orchester die Pianistin ab, aber gleich nach der zweiten Solostelle fühlt es sich so an, als hätte sie sich durch das Solospiel befreit. Sie hat sich gefunden. Der zweite Satz ist meiner Meinung nach der schönste und das ist er auch hier, zart und einfühlsam. Im dritten Satz kommt es nur an einer Stelle zu leichtem Klappern zwischen Soloinstrument und Orchester. Besonders hervorheben möchte ich diesmal das erste Fagott, das bereits hier positiv auffällt, ganz zu schweigen von seinen Soli im nach der Pause gespielten „Sacre“. Alice Sarah Ott gibt eine furiose Zugabe (Grieg – Zug der Zwerge), die das Publikum noch weiter begeistert. Sie spielt in einem unglaublichen Tempo trotzdem so präzise und klar, bestaunenswert.
Nach der Pause geht es weiter mit Strawinskys „Le sacre du printemps”. Sacre ist ein unglaublich farbenreiches Stück. Die Soli sind gut herausgespielt. Was ich an Urbański so mag ist auch, dass er sich anscheinend dem Wahnsinn (auch damals bei Schostakowitsch) hingibt und sich in der Musik kurze Strecken verliert. Weil es aber willentlich geschieht, passiert dies, ohne dass er die Kontrolle verliert. Ein paar Momente später dirigiert er wieder sehr bestimmt. Grad im zweiten Teil des Stücks, schafft das Orchester es bei den leiseren Stellen eine enorme Spannung zu halten und eine friedliche, angespannte Stille breitet sich wieder über dem Publikum aus. Pompös sind die knackigen Übergänge, riesige Gesten und abrupte Pausen.
Schade, dass das Konzert nicht im Saal oder in der Laeiszhalle stattfinden konnte. Da wäre uns das Sacre um die Ohren geflogen, im positiven Sinne. Ich freue mich auf die Akustik der Elbphilharmonie, von der die Musiker des NDR Elbphilharmonieorchesters allesamt schwärmten (die kommende CD ist dort aufgenommen worden). Schön zu sehen war, dass sowohl Dirigent als auch Solisten und viel mehr als sonst im Publikum junge Menschen waren. So kann es doch weitergehen, schön gemischt und mit der Zukunft im Blick.


Krzysztof Urbański Dirigent
Alice Sara Ott Klavier
NDR Elbphilharmonie Orchester

LUDWIG VAN BEETHOVEN
· Leonoren-Ouvertüre Nr. 3 op. 72a
· Klavierkonzert Nr. 3 c-Moll op. 37
IGOR STRAWINSKY
Le sacre du printemps


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2 Kommentare:

  1. Schöne Kritik! Gut geschrieben, sehr genau hingehört und wohl auch genossen!

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    1. Danke für das erste öffentliche Feedback :)(außerhalb von Twitter und Facebook-Nachrichten :D) Schöne Adventszeit!

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