Donnerstag, 12. Oktober 2017

Wir sollten öfter allein sein…

...zumindest in Konzerten. „Nehmen Sie ALLEIN Platz. Kommen Sie zur Ruhe. Lassen Sie Ihren Alltag draußen…“, schrieben die Veranstalter auf den Handzettel mit dem Programm für den Abend. Die Toepfer Stiftung hat 100 Hamburger_innen eingeladen (teils über ein Gewinnspiel), in den Resonanzraum St. Pauli zu kommen und sich ALLEIN SOLO-Stücke für Geige und Cello von Bach anzuhören.
Ich gehe recht häufig allein in Konzerte, Opern oder Theatervorstellungen. Es war also erst mal nichts Neues für mich, dass man nur eine einzelne Karte gewinnen konnte. Das Konzept, dass diesmal alle allein kommen sollten, fand ich allerdings spannend. Ich kam in den Bunker in St. Pauli rein und es standen viele Leute vor der Tür des Resonanzraums. Man sah, dass sich ein paar Leute nicht daran gehalten haben, allein zu kommen. Der Rest allerdings stand etwas unsicher ohne Begleitung davor und wartete. Nach dem Einlass konnte man sorgfältig aufgebaut einen fast geschlossenen Kreis bestehend aus einzelnen Stühlen um das kleine Podest mit Klavierhocker sehen, das von einem Kronleuchter angestrahlt wurde. Man hatte also nicht mal einen wirklichen Sitznachbarn. Jeder war für sich allein. Und so war es dann auch im Konzert.
Die Cellistin Saerom Park nahm ihren Platz in der Mitte des Kreises ein und nach ungefähr fünf Minuten Stille fing sie an die C-Dur Suite von Bach zu spielen. Sofort war klar: das ist kein normales Konzert, wo eine Künstlerin auf der Bühne sitzt und alle nur zuschauen. Jede_r war auf sich allein gestellt, aber alle zusammen kreierten die Atmosphäre. Man hatte keinen Nachbarn zum Festhalten, keine Stühle vor sich, um sich zu verstecken, sondern saß völlig einsehbar allein auf seinem schwarzen Stuhl im Halbdunkel. Park spielte mit geschlossenen Augen, mit einer Hingabe und so viel Seele, dass ich sofort berührt war. Jeden Moment hätte ich anfangen können zu weinen. Das Format und Park mit ihrer Musik forderten einen auf, sich mit sich selbst zu beschäftigen. Es geht m.E. über ein Innehalten hinaus, das die Veranstalter im Sinn hatten. Jede_r wird dazu gebracht bei sich selbst zu bleiben und sich selbst zu begegnen. Das Publikum war unglaublich still, ein Spannung lag im Raum, wie ich sie in Konzerten eher selten wahrgenommen habe. Jeder ist bei sich, bei Bach, mit der Cellistin und ihrem Ausdruck. Melancholie darf seinen Platz haben und jede starke Emotion ist hier richtig. Man darf sich den Weiten seiner Gefühlswelt hingeben: Das eigene Empfinden von Liebe, Traurigkeit, Schönheit und Leiden werden unter die Lupe genommen.

Wir sollten öfter allein sein…

… zeigt auch das Spiel von Swantje Tessmann. Sie jagt durch die Partita in d-Moll. Steht nicht in der Mitte, sondern an einem Ende des „Kreises“ mit Notenständern. Hektik kommt auf. Sie atmet schwer. So schnell habe ich noch keins der Stücke aus der Partita gehört. Jetzt, wo man allein in dieser emotional aufgeladenen Situation ist, fühle ich sofort mit der Violinistin mit. Nicht nur, weil ich das Stück selbst schon gespielt und noch öfter gehört habe, sondern weil sie eine Form von Nervosität und Panik ausstrahlt -  das hört man auch in der Musik. Fabelhaft sauber und mit einem wunderschönen Klang säbelt sie durch die Partita. Das scheint sich auf den ersten Blick zu widersprechen, aber Tessmann ist eine tolle Instrumentalistin, das hört man sofort. Nur treibt es sie und damit auch uns Zuhörer_innen in ein Alleinsein, dass im Gegensatz zur Innerlichkeit am Anfang jetzt aus dem Nichtaushalten können besteht. Sie wirkt alleingelassen mit ihren Noten, an denen sie sich festhält. Was mach ich hier eigentlich? Kann ich das? Wie halte ich das aus? Ich werde aufgeregt, weiß nicht, ob ich es schaffe, das mitzufühlen und versuche mich zu entspannen. Es gelingt nicht wirklich. Dann entscheide ich mich dafür, die Hektik zu genießen. Das überaus menschliche Gefühl wahrzunehmen, aufzunehmen und anzunehmen. Ich fange sogar an zu lächeln, was von außen wahrscheinlich etwas dämlich aussah, falls überhaupt jemand etwas außer sich (und der Violinistin) wahrgenommen hat. Jede Note wurde mit so einer Bestimmtheit gespielt, jeder Ton musste da sein, jeder Doppelgriff unbedingt ganz hörbar, sodass alle Leichtigkeit vom Anfang verflogen war. Dann ist die Partita zu Ende. Es gab überhaupt nur zwei kurze Momente im Stück, an denen Sie sich die Ruhe gönnte und den Tönen und uns Luft ließ.
Was für eine Erfahrung! Und ich war vorher noch kurz unentschlossen hinzugehen, immerhin war es schon so dunkel und die Karte war ja kostenlos. Richtige Entscheidung getroffen! Das war eine der besten Erfahrungen mit Musik, die ich seit sehr langer Zeit gemacht habe. Allein ist man öfters, aber nicht unbedingt so: durch Musik und Format auf sich zurückgeworfen, nicht abgelenkt und ganz. Ich kann nur hoffen, dass es mehr dieser Projekte geben wird. Musik wie sie am eindrücklichsten ist: in intimer Atmosphäre, bei toller Akustik, gespielt von tollen Musikerinnen und allein, für sich, mit mir.

ALLEIN. Solowerke von J.S. Bach
11. Oktober 2017

Es spielen: Saerom Park (Violoncello), Swantje Tessmann (Violine) - Mitglieder des Ensemble Resonanz

PROGRAMM:

Johann Sebastian Bach

Suite Nr. III C-Dur für Violoncello solo, BWV 1009
Partita Nr. II d-Moll für Violine solo, BWV 1004

Sonntag, 13. August 2017

Urlaub mit Musik - Luzern

Ich bin zum ersten Mal in der Schweiz und dann gleich in Luzern. Bekannt ist die Stadt für den Vierwaldstättersee, das Lucerne Festival und die KKL Luzern, zumindest unter Musikliebhabern. Eine Akustik, welche die Elbphilharmonie gerne geschlagen hätte. Optisch ist die Elbphilharmonie natürlich schon eine Nummer größer.
Erst einmal ein paar kurze Fakten: den tollen Ausblick teilen sich beide Konzerthäuser. Ob man Hafenromantik und Hamburg oder Berge, See und Luzern schöner findet ist Geschmackssache. Die KKL Luzern hat jedenfalls mehr Damentoiletten ;) und freies WLAN. Was universell zu sein scheint, selbst unter den sehr elitär wirkenden Besuchern des Lucerne Festivals, ist das fiepende Hörgerät älterer Hörer_innen. 
Als ich meinen Urlaub plante, dachte ich gleich, wenn ich schon in Luzern bin, dann muss ich natürlich auch in diesen hochgelobten Saal. Ich habe gleich zwei Programme hören dürfen. Am Freitag das Eröffungsprogramm mit dem Lucerne Festival Orchestra unter Riccardo Chailly mit Strauss, Strauss und Strauss und Sonntag das Chamber Orchestra of Europe unter der Leitung von Bernard Haitink mit Mozart und Liedern von Mahler - einmal Reihe 14, einmal 23.

Ich liebe Richard Strauss‘ Orchestermusik. Genau das Richtige, um den Saal kennenzulernen. Bei „Also sprach Zarathustra“ konnte man viele verschieden Klänge hören. Die Akustik ist wunderbar – der Saal strahlt viel Wärme aus, hörbar warme Bässe und auch Kammermusikalisches wird bis hinten in den Saal klar transportiert. Genau mein Geschmack! Die Klangmischung hat natürlich Auswirkungen, man hört nicht jedes einzelne Instrument im Gesamtklang so klar wie in der Elbphilharmonie, aber dafür gibt es eben einen warmen Gesamtklang :)
Das aus Musikern verschiedenster Orchester zusammengewürfelte Festivalorchester spielte für die kurze Probenzeit sehr harmonisch und es klapperte nichts. Die Probenart von Chailly durfte ich auch miterleben und es war wirklich ein Genuss. Er war immer gut drauf und vermittelte seine Vorstellungen mit Geduld und Leidenschaft. Genauso dirigiert er auch – mit Leidenschaft.
Im Orchester besonders aufgefallen ist mir der Oboist Lucas Macías Navarro. Sein Spiel ist ein Traum – sauber, leidenschaftlich, große Phrasen. Auch die 1. Trompete, gespielt von Reinhold Friedrich, war sehr gut und er erfreute sich sichtlich an der Musik, auch wenn er nicht spielte. Sollte eigentlich nicht überraschend sein, schließlich ist das für viele eigentlich die Sommerpause, die sie „arbeitend“ in Luzern verbringen. Der Konzertmeister beim ersten Stück war ebenfalls sensationell. Etwas Italocharme versprühte der junge, in Berlin geborene Geiger mit dunklen Locken. Aber er beherrscht nicht nur die Show, sondern war auch mit vollem Einsatz und wahnsinnig perfekter Intonation bei der Sache. Leider wechselten die Konzertmeister sich für die Stücke ab.
Das gesamte Holz war fast immer super sauber und Chailly schaffte es bis zum Ende sehr viel Spannung aufzubauen. Als Zugabe wurde Salomes Tanz gespielt. Welch herrliche Auswahl! Wolfram Christ an der Bratsche im Wechsel mit der hervorragenden Oboe ist ein Genuss-Bonus! Alles in allem ein sehr strausslastiges und schönes Konzert!
Wenn ich jetzt schon viel gelobt habe, wie soll man über ein so überraschend perfektes Orchester, wie das Chamber Orchestra of Europe schreiben? Aber Perfektion ist nicht alles und das stimmte hier leider wirklich. Das Konzert ist zweigeteilt und meine Meinung ist es auch. Haitink dirigiert einen m.M. nach sehr langweiligen Mozart (Linzer Sinfonie). Ist der erste Satz noch gut und klingt wie von einer CD, so wird der zweite Satz leider durch zu viel piano, eine ständige Überspannung ohne Lösung durch Ausbrüche bzw. Kontraste zu einem unschönen Andante. Zum Ende hin bessert es sich noch, allerdings übertreibt er jedes Staccato und jede Pause, dafür hört man jeden einzelnen Ton jedes Laufes in den Streichern - schon sehr bewundernswerte Präzision. Alle sind eigentlich immer sehr genau zusammen und klanglich homogen. Das Orchester ist bis zum letzten Pult gefüllt mit leidenschaftlich spielenden Musiker_innen, das hört und sieht man.
Zum Glück liegt der Mahler Haitink wohl mehr und es gibt noch eine Kehrtwende. Anna Lucia Richter und Christian Gerhaher singen ausgewählte Lieder aus „Des Knaben Wunderhorn“ von Mahler. Das Orchester begleitet nuanciert und mit großen Phrasen, sehr bildlich spielend. Bis auf die Trompeten und Klarinetten ist einfach alles herrlich am CO of Europe. Die Rollenaufteilung der beiden Sänger ist leider bis auf den Schluss recht klischeehaft. Sie singt die süßen und albernen Stücke und er die ernsten Soldatenlieder. Anna Lucia Richter ist auch eine wirklich gute Schauspielerin und verzückt den Saal mit ihrem Esel, ihrer schüchternen jungen Frau und zum Glück zum Schluss auch mit dem verhungernden Kind (klingt jetzt etwas makaber). Meine Highlights des Konzerts sind jedoch die Stücke „Wo die schönen Trompeten blasen“, „Revelge“ und „Urlicht“. Christian Gerhahers Piano ist wunderschön, wenn man es hören kann. Leider verschwinden die Frequenzen manchmal im Orchesterklang. In den drei genannten Stücken jedoch kommt es zur vollen Geltung und bei Urlicht brechen die Tränen aus mir heraus. Welch ein Stück, was für eine zauberhaft zarte Stimme – sagenhaft! Luzern, du hast zwar auch Regentage, aber diese zwei Konzerte waren es – zusammen mit den Sonnentagen ;) – auf jeden Fall wert herzukommen! Urlaub mit Musik, das mach ich wieder!


Riccardo Chailly  Dirigent


Richard Strauss (1864–1949)
Also sprach Zarathustra op. 30
Tod und Verklärung op. 24
Till Eulenspiegels lustige Streiche op. 28


Christian Gerhaher  Bariton

Wolfgang Amadé Mozart (1756–1791)
Sinfonie C-Dur KV 425 Linzer Sinfonie
 
Gustav Mahler (1860–1911)
Ausgewählte Lieder aus Des Knaben Wunderhorn



Sonntag, 2. April 2017

Zahlt mit euren Ärschen – Die Geschichte um Lot als Oper

Wer die Geschichte Lots im Alten Testament kennt, hat eine Vorahnung was da auf der Bühne passieren wird. Sodom, Engel, Eskalation, Vernichtung und Inzest. Und das alles auf der Opernbühne mit einem Premierenpublikum in feinster Kleidung und maximal toupierten Haaren.
Beginnen tut das Ganze mit einer Szene, in der Abraham und Sara erfahren, dass sie über 90-jährig noch ein Kind bekommen sollen. Dafür spricht Gott persönlich mit ihnen. Dieser wird von einem kleinen Schwarzen, der einen Bastrock trägt, gespielt. Wieso wurde sich dafür entschieden?  Bereits ein Gesuch der Oper macht hier einiges falsch: „Gesucht werden mehrere Kinder im Alter von 7 bis 12 Jahren sowie ein Junge, ebenfalls im Alter von 7 bis 12 Jahren und idealerweise mit schwarzer Hautfarbe“. Es gibt keine schwarze Hautfarbe. Selbst Wikipedia weiß dies*! Soll Gott also kindlich dargestellt werden, als Spielender auf der Erde? Dazu passt die Thematik um die Homosexualität, Sünde und das Vernichten Sodoms nicht wirklich gut. Dass Gott, wenn er als Mensch dargestellt wird, eher nicht hellhäutig ist, da diese Formen der Pigmentierung erst später entstanden sind, ist noch recht nachvollziehbar, aber grad in dem Zusammenhang der unfassbar verstörenden Geschichte und des immer noch herrschenden Rassismus, halte ich das auf den ersten Blick für keine gute Entscheidung.
Gott beginnt neben dem Gespräch, Zeichnungen von Menschen in den Müll zu werfen und aus Papier geformte Menschen auch, nachdem er ihnen sogar die Köpfe abriss. Mit dem vollen Mülleimer (dieser wird in größerer Form nach der Zerstörung Sodoms von der Bühnendecke hängend ausgeleert) geht er von der Bühne und auch Abraham und Sara überlassen das Spielfeld Lot, seiner Familie und den Einwohner_innen Sodoms. Bald darauf eskaliert es schon. Nachdem die Engel (getarnt als Menschen) in Lots Haus geholt werden, damit die Sodomiten sie nicht verscheuchen, ermorden und/oder vergewaltigen, bedrängen die Einwohner_innen Lot und sein Haus. Sie fordern die Fremden und Lot bietet, da Gäste heilig sind, sogar seine Tochter und danach sich selbst im Tausch für die Gäste an. Das Vokabular des Librettos ist unglaublich krass in den Chorszenen. Zunächst schockiert dies ein wenig, aber es erscheint sinnvoll, da die ganze Geschichte bereits zu damaligen Zeiten sehr außergewöhnlich und voll mit Unmoralischem, Unnormalem war. Damit meine ich nicht die Homosexualität, sondern vor allem das menschenverachtenden Benehmen der Einwohner Sodoms. Ein Wort wie Arschf****r ist allerdings herrlich zur Realisierung, dass man sich in einem Raum mit lauter nach außen hin feinen Menschen befindet, man nimmt an diesen Stellen das Publikum um sich herum sehr genau war.
Die Musik war sehr gemischt. Giorgio Battistelli weiß mit Gesamtklängen, Geräuschkulissen und Orchestersoli sehr gut umzugehen. Der Chor wurde erschreckend gut eingesetzt, sowohl szenisch, als auch musikalisch. Sie traten alle in goldener Kleidung vor gold-schimmernden Vorhängen in einer eindringlichen Heftigkeit auf. Die Rufe, welche sich auch durch das Stück hindurchzogen, blieben lange im Ohr. Leider liefert die Geschichte so viele Höhepunkte des Grauens, dass Battistelli sich kaum steigern konnte. Eine Horrorfilmakkordfolge nach der nächsten. Besonders schön dafür, war der Abschied der Frau Lots vom Leben. Anders als in der Bibel geht sie freiwillig in den Tod, da sie keinen Neuanfang verkraftet. Khatuna Mikaberidze ist so unglaublich gut, dass sie als Mutter sängerisch sowohl ihre Töchter, die Engel und sogar ihren Mann Lot (Brian Davis), der eine sehr angenehme Stimme hat, übertrifft. Nach den viel zu langen Dialogen, die schwer zu singen sind und auch ähnlich schwer anzuhören, schafft Mikaberidze es, alle Lieblichkeit und Wärme dieser Mutterfigur in die auch hier recht großen Intervallsprünge zu legen. Ansonsten ist der Gesang eher anstrengend in die ganze Musik eingebunden. Oft ähnelt es einer Art Zwölftongesang und leider wird viel Text gesungen, der eigentlich keine emotionale Verstärkung durch Musik bräuchte. Hier passt das Libretto nicht gut zu einer Oper. Mit den langen Unterhaltungen wirkt es sehr wie ein Theaterstück. Sehr interessant sind hingegen die Stellen der Verkündigung der Engel komponiert. Versetzt einsetzend singen sie den selben Text und sind das Echo der Worte Gottes, schließlich sind auch sie nur Gesandte.
Auch wenn nicht besonders gut geschauspielert wird, das Libretto seine Schwächen hat, ist die Musik Battistellis und das Gesamterlebnis den Besuch Wert. Die ganze Geschichte, auch die spätere Verführung Lots durch die Töchter bzw. dann Vergewaltigung derer durch Lot, ist sehr intensiv. Vieles lässt sich auf der Welt, wenn auch teils in anderer Art, immer noch bzw. immer wieder finden. Geschichten aus der Bibel (besonders dem Alten Testament), sind auch deshalb eine gute Stoffgrundlage, da sich für das zwischenmenschliche Verhalten oft Pendants in der Gegenwart finden lassen. Lots Tochters Moral von der Geschichte ist: In bösen Zeiten können auch gerechte Menschen böse Menschen werden. Zwar ist dies plakativ, aber dennoch gut. Lot bleibt nicht der Gerechte, der vor der Zerstörung Sodoms gerettet wurde, sondern verkommt moralisch.
Neben der erwähnten guten Besetzung mit Davis und Mikaberidze, treten zwei Wagnerlegenden als Abraham und Sara auf (Franz Mazura und Renate Behle). Sie klingen genauso alt, wie die beiden in der Geschichte sind, agieren aber erstaunlich gut und sind dadurch sehr authentisch! Ein Lob auch an das Staatsorchester Hannover! Das Stück ist äußerst komplex, vielfarbig und herausfordernd und wurde von dem groß besetzten Orchester souverän gespielt.


*“Die Bezeichnung Schwarze deutet auf eine sehr dunkle Hautfarbe der so bezeichneten Menschen hin. Vielfach werden jedoch Menschen mit allen möglichen Varianten der Hautpigmentierung von dunkelsten bis zu sehr hellen Hautfarben einbezogen, einschließlich Albinos. Daher ist die Bezeichnung „Schwarze“ kein Indikator der Hautfarbe, sondern der rassentheoretischen oder ethnischen Einteilung.“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Schwarze)

Musikalische Leitung: Mark Rohde
Inszenierung: Frank Hilbrich
Dramaturgie: Klaus Angermann

Lot: Brian Davis
1. Tochter: Dorothea Maria Marx
2. Tochter: Stella Motina
Frau: Khatuna Mikaberidze
1. Engel: Sung-Keun Park
2. Engel: Amar Muchhala
Abraham: Franz Mazura
Sara: Renate Behle
Gott: Lebogang Kempe

Chor der Staatsoper Hannover
Niedersächsisches Staatsorchester Hannover