Am Freitag klingelt der Wecker kurz nach vier. Und ich bin
kein Frühaufsteher! Aber es war so verlockend für grad mal 22 Euro direkt von Hamburg
nach München zu fahren und schon um 12 Uhr anzukommen. Schließlich habe ich Pläne
für den Abend! Eine Freundin hat Premiere mit ihrem Stück „Bound\aries“ an der
Theaterakademie August Everding. Fliegen ist für mich bei so einer Strecke sowieso
keine Option. Der Emissionsvergleich (1/6-tel CO2, kaum Feinstaub) ist
eindeutig. Zeit (und Geld) spart man inkl. Check-in und Fahrt zum und vom
Flughafen auch nicht.
12.15 Uhr München. Kaum Verspätung und die ganze Zeit zwei
Plätze für mich gehabt, komme ich das erste Mal in München an. Gepäck bei der
Freundin verstauen, erster Versuch etwas von der Innenstadt zu sehen, obligatorisches
Foto von der heißgeliebten Staatsoper machen – dann Theater. Wie wird das wohl
werden? Eine freie Theatergruppe, Studierende der Akademie, ein Stück über Grenzen
– eher eine Performance und dann auch noch eine Freundin, der ich sagen muss
wie ich es fand? Super! Eine schlichte, aber Atmosphäre kreierende Bühne mit
aufwendigerer Hinterbühne, die später Teil der kurzen Publikumsbeteiligung
wird. Ein Stück, dass von Improvisation, Gespräch, Videoaufnahmen und den
Grenzen und Grenzüberschreitungen der Beteiligten lebt. Dabei ist es nicht
belehrend platt, sondern beschäftigt sich sehr humorvoll und intelligent mit
den persönlichen Grenzen der Darstellerinnen und auch mit dem Phänomen an sich.
Viel gelacht und trotzdem bleibt was hängen! Mach ich sowas
auch? Teste ich meine Grenzen? Mache ich Dinge, die toll sein könnten, obwohl sie
mir Angst machen oder sie in der Gesellschaft eher als unnormal gelten, vor
denen soziale Grenzen gezogen sind? Ja! Ich verreise allein. Das ist schon mal
eine Sache, die viele Leute extra betonen müssen indem sie fragen: „Und mit wem
fährst du?“ oder „Ach du fährst alleine in den Urlaub?“ – „Ja, tu‘ ich!“ – Das ist
nicht immer einfach, aber man kann ja Menschen begegnen, Unbekannten und
Freunden und sehr selbstbestimmt Reisen. Das Theaterstück war jedenfalls schon
ein super Anfang! Für alle Münchner eine klare Empfehlung: https://www.facebook.com/events/275034063072616/
Am zweiten Tag kam natürlich, wie sollte es anders sein,
Musik! Aber vorher war ich noch spontan auf dem CSD München! Wie großartig
Menschen sein können und dass Bayern auch anders kann, ist so berührend.
Menschen jeder Couleur, egal wie sie aussehen, wen sie lieben, gesund oder mit
Handicap, froh oder unglücklich, hier sind alle willkommen. Und das sind beim
CSD nicht nur leere Worte. Das Gefühl von Akzeptanz schwebt in der Luft und so
gehe ich zusammen mit unglaublich lieben Pflegekräften für genau diese
Akzeptanz tanzend demonstrieren.
Am Abend geht’s dann ins Prinzregententheater, wo Günther
Groissböcks Liederabend mit Brahms, Schumann, Tschaikowsky und Rachmaninoff
stattfindet. Zwar ist er nicht bekannt für seine Liederabende, aber seinen sehr
guten Charakterrollen-Bass aus der Oper findet man besonders bei den russischen
Liedern wieder. Mit vollem Gefühl und so wie es aussieht allem was er hat, geht
er die emotional schweren Lieder an und reißt das Publikum mit in die düsteren
Welten der Bibelverse und Gedichte rund um Tod, Liebe und Leid. Ein toller
zweiter Abend in München!
Nun ein kurzer Abstecher nach Frankfurt und am Mittwoch dann
nach Bayreuth zur Generalprobe vom Parsifal (auch wieder mit Groissböck). Was
habe ich für ein Glück und tolle Freunde! Und ja, ich reise alleine, aber
bisher ist es, wie letztes Jahr, großartig!
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